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Nachklapp zur Febub

Nachklapp zur Febub

Febub war, und schön wars. Die Familienkonferenz für Elternschaft, Bindung und Erziehung ist am 16. und 17. November zur zweiten Runde angetreten. Wir waren vor Ort und haben aus den Vorträgen so einiges mitgebracht. Da ist sicherlich auch das eine oder andere für deine Beratungsarbeit dabei!

Die Besucher der Konferenz waren dabei gut durchmischt: Von Eltern über Fachpersonal und echte Größe der BO-Szene war alles dabei. Die Besucher sind teils extra aus England angereist – wie Karin Bergstermann vom Säuglingspflegeblog – oder aus Spanien und ganz vielen Regionen Deutschlands.
Die Febub war und ist keine typische Fachtagung, die sich ausschließlich auf Stillen und Muttermilchernährung beschränkt. Sondern ganz bewusst ein breiter gefächertes Spektrum an Themen und Vortragenden umfasste.

Sascha Schmid: Wieder Paar sein

Ja, gut: Hat weniger mit der reinen Stillberatung zu tun. Ist für Paare – denen wir in Beratungssituationen natürlich immer wieder begegnen – aber durchaus ein relevantes Thema. Wenn sich Paare also mit vorrangingen Stillfragen wie “Wie stillen wir ab, um mehr Zeit als Paar zu haben und abends mal wieder weggehen zu können?” und “Das Stillen ist ein Streitpunkt, mein Mann/Partner fühlt sich nicht mehr ausreichend beachtet.” an dich wenden, könnten die Strategien von Sascha Schmid vielleicht hilfreich sein.

Zwei gesunde selbstständige ICHs ergeben ein neues, starkes WIR.

Sascha Schmid in seinem Febub-Vortrag 2019

Im Kern heißt das: Jede und jeder muss für sich Möglichkeiten finden, die Akkus wieder aufzuladen. Dann können gemeinsame Rituale und bewusst eingeplante Pausen im Alltag dabei helfen, die Beziehung zueinander und das Miteiander (wieder) zu stärken.

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Nicola Schmid: Geschwister als Team

Nicola Schmid vom artgerecht.projekt beleuchtet die Gründe, warum Geschwister – und zwar prozentuell besonders häufig die mit Altersabständen mit und unter drei Jahren – ständig streiten. Es geht um Ressourcen und jahrtausende alte Programme, die in unseren Kindern fortwirken.

Vor 300.000 bis 150.000 Jahren bedeuteten jüngere Geschwister in der Regel ein Wegfall von Muttermilch fürs größere Kind. Das biologische Abstillalter (nach Dettwyler) beträgt ja nicht umsonst zwischen 2,5 bis 7 Jahren. Kalorien waren knapp bemessen und wurden fürs jeweils jüngste Kind bevorzugt reserviert. Ganz grob und knapp: Je geringer der Abstand zwischen Geschwistern, desto größer das Risiko, beide Kinder aufgrund von knapper Nahrungsmittelversorgung zu verlieren.

Auch wenn die heutige Lebensmittelversorgung in aller Regel optimal ist, die Ressourcen-Befürchtung unserer Kinder ist tiefer verankert. Wenn Geschwister streiten, dann ist das also häufig ein unbewusster, existenzieller Kampf um Ressourcen: Muttermilch, Zeit, Aufmerksamkeit, Zuspruch, Körperkontakt usw.

Aus Stillberatungssicht heißt das auch: Das Familienleben mit Geschwisterkindern mit kleinerem Altersabstand (drei und weniger Jahre) ist in der Regel angespannter und schwieriger zu bewältigen. Familien brauchen in den ersten Jahren deutlich bessere Rückenstärkung, sie benötigen mehr Unterstützung für den Alltag. Und: Geduld mit sich selbst, mit den Kindern und mit der Situation, die fordernd für alle sein kann.

Kann vielleicht nicht schaden, in Beratungen gelegentlich mit einzubringen, dass “alles alleine schaffen” in dieser Konstellation nicht unbedingt die beste Idee ist. (um es mal diplomatisch auszudrücken und Eltern die Bürde abzunehmen, den Druck des alleine-wuppenmüssens bewusster zu machen)


Andrea Daun: Eigenverantwortung in der Pubertät

In Andrea Dauns Vortrag waren wir vor allem aus Eigennutz: Wir haben halt Kinder in der Pubertät 😉

An dieser Stelle sei ihr Vortrag trotzdem erwähnt, denn: Er war nicht nur lehrreich, sondern auch unterhaltsam. Verwendung fanden dabei auch die schon legendären “Mein Tanzbereich – dein Tanzbereich”-Anweisungen aus “Dirty Dancing”, symbolisch dargestellt mit zwei Hula Hoop-Reifen in verschiedenen Farben.

Das System dahinter: Erwachsene und ihre Teenie-Kinder haben zwei ganz eigene Sprachen und ein unterschiedliches Verständnis von nötiger Information. Respektvoll und auf Augenhöhe bleibt die Kommunikation, wenn dabei jede:r in seinem Tanzbereich aka Hula Hoop-Reifen bleibt. Eltern neigen allerdings dazu, ihren Tanzbereich gerne mal zu verlagern und in den Bereich des Teenagers einzudringen.

Wir nehmen zusätzlich zu den praktischen Tipps zum Umgang mit den eigenen Kindern das Folgende für die Stillberatung mit: Neben dem 4-Ohren-Modell hat auch das Bild vom Tanzbereich echten Symbolcharakter. Also bleiben wir doch künftig bewusst(er) in unserem Tanzbereich, wenn wir in einer Beratung stecken. Keine Beratung ohne Auftrag. Und wenn wir mit Auftrag beraten, dann ohne zu belehren – also so, dass wir nicht in den Tanzbereich unseres Gegenübers geraten.

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Nils Pickert: Wer cool sein muss, erfriert – warum Mut zur Schwäche Jungen stark macht

Ja, auch so ein Vortrag, der im ersten Schritt nicht viel mit Stillförderung zu tun hat. Oder eben doch, denn Nils von Pinkstinks.de hat ein sehr eindrückliches Bild davon gezeichnet, wie sehr Jungs immer noch “abgehärtet” werden. Selbst dann, wenn Eltern es eigentlich besser machen (wollen).

Da lohnt insbesondere bei männlichen Säuglingen und Kleinkindern der Blick darauf, ob hinter dem Abstillwunsch vielleicht doch die Angst vor dem “Müttersöhnchen” steckt. Eine Angst, die häufig von außen in die Familie getragen wird. Dabei können wir als Gesellschaft wirklich viel gewinnen, wenn wir unabhängig vom Geschlecht (oder dem Geschlechtsempfinden) empathische, in ihren Bedürfnissen gesehene Menschen aufwachsen lassen.

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Julia Dibbern: Wild World – Wie Kinder an der Welt wachsen und Eltern entspannt bleiben

Ein bisschen traurig und überrascht saßen wir in Julia Dibberns letztem Sach-Vortrag. Danke für alles, liebe Julia und danke für deine Buch-Babys, die uns auf vielen Schritten begleitet haben!

Im Kern ist der “Wild world” Vortrag einer, der die sich verändernde Welt beschreibt. Und das, was sie mit uns und unseren Kindern macht. Quasi ein Rundumschlag, der auch Strategien für einen entspannteren Umgang damit vermittelt.

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Nora Imlau: Gefühlsstarke Kinder verstehen und begleiten

Gefühlsstarke Kinder sind die, die besonders viel an Emotionen mitbringen. Die beim kleinsten Problem abgehen wie eine Rakete, sich überschäumend freuen – und sich wie fünf oder mehr Kleinkinder in einem anfühlen.

Die Eltern von gefühlsstarken Kindern sind jedenfalls – das zeigt sich übrigens nicht nur beim Vortrag durch kollektives seufzen, lachen und Kopfschütteln – noch einen Ticken erschöpftern, angestrengter und ausgelaugter als die Eltern von Kindern, die diesen Gefühlsüberschwang nicht in dieser Form mit sich bringen.

Nora vermittelt in ihrem Vortrag (und den dazugehörigen Büchern) praktische Hilfen und den theoretischen Überbau, um zu lernen, mit Gefühlsstärke umzugehen.

Für die Stillberatung können Noras Bücher eine hilfreiche Lektüre sein, insbesondere bei größeren Stillkindern und von den Eltern selbst als eher explosiv bezeichneten Kleinkindern. Es gibt zusätzlich eine sehr wertschätzende, achtsam kommunizierende Facebook-Gruppe, in der Eltern sich Rat und Unterstützung jenseits der reinen Stillthemen holen können.

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Katja Seide: Beziehungs- und bedürfnisorientiert aufgewachsene Kinder in der Schule

Gelegentlich kommt in Stillgruppen, in Online-Foren und bei der Einzelberatung die (teils gut maskierte) Frage auf: “Wenn ich mein Kind nach Bedarf stille, jederzeit seine Bedürfnisse im Blick habe und es nicht auf eine spätere harte Welt vorbereite.. Wie wird mein Kind dann zurechtkommen, wie soll das bloß später in der Schule klappen?”

Katja Seide hat in ihrem Vortrag auf der Febub 2019 keine Antwort darauf, aber viele Erklärungen dazu, warum die heutige Kindergeneration scheinbar “schwieriger” ist, als die davor.

Für die Stillberatung ziehen wir uns das hier heraus: Bedürfnisorientiert aufwachsende Kinder können sehr gut “schwieriger” sein als die Generationen davor. Sie sind es gewohnt, dass ihre Bedürfnisse wichtig sind und wahrgenommen werden. Das unterscheidet sie deutlich von den Generationen davor.

An der Stelle dürfen wir uns (und auch Lehrende, andere Eltern usw.) fragen: Will ich als Eltern mein Kind den alten Regel und Vorgaben anpassen, oder will ich ein empathisches Kind großziehen, dass für sich selbst und seine Bedürfnisse – aber auch die anderer – eintreten kann und damit wesentlich fitter in einer sich verändernden Gesellschaft sein wird?

Das ist jetzt eher philosophisch und sprengt in so gut wie allen Fällen die Grenzen der typischen Einzel-Stillberatung. Für eine lockere Stillgruppenrunde dürfte es aber ein spannendes Thema sein, nicht wahr?

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Weitere Vorträge, kurze Impulse für die Stillberatungsarbeit und weitere graphic records/Bildmitschriften folgen noch. Da wir uns nicht immer zweiteilen konnten, genießen wir manche Vorträge erst in der Aufnahme-Version. Wir ergänzen zeitnah diese Liste!


Fazit

Ein gar nicht mehr so kleiner, aber rundherum angenehmer Kongress war das dieses Mal in Essen. Wenns eine Wiederholung gibt, freuen wir uns da schon sehr drauf! Wir bedanken uns ausdrücklich auch beim Bindungsträume e. V., an dessen Stand wir einige unserer Postkarten und die Muttermilchaufbewahrungs-Spicker deponieren durften, zusammen mit den Kodex-Kärtchen und den frisch entworfenen Visitenkarten für stillen-und-arbeiten.org. Der Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, bindungsorientiert arbeitende Fachpersonen mit bedürnisorientiert lebenden/erziehenden Eltern zu vernetzen. Wenn du noch kein Mitglied bist, solltest du das nachholen 😉

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